Karsten Lettmann
Einführung in die Klimamodellierung
Auf dem Einstiegslehrbuch zur theoretischen Physik von Rainer J. Jelitto steht der Zusatz: “Eine Einführung in die mathematische Naturbeschreibung”. Wenn mir auch sehr viele Aspekte der theoretischen Physik damals wie heute unzugänglich sind, so motivierte mich dieser Zusatz als Student sehr, mich mit dieser Thematik zu beschäftigen.
Klimamodelle, wie sie von Vertretern verschiedener Fachdisziplinen konstruiert wurden und werden, sind genau dieser Versuch, das Klimasystem und seine Prozesse zu verstehen und vielleicht sogar sinnvolle Vorhersagen zu machen, um menschliche Fehler im Umgang mit dem Klima zu vermeiden. Ihre Vorhersagen sind mittlerweile zu einem wichtigen Bestandteil politischer Entscheidungen vor dem Hintergrund des „vom Menschen gemachten Klimawandels“ geworden.
Dieser Vortrag soll, basierend auf einer Vorlesungsreihe an der Universität Oldenburg über Klimamodelle, eine kurze Einführung in die vielfältigen Funktionsweisen und Prozesse aktueller Klimamodelle geben. Er soll weiterhin den Sinn und Hintergrund von Ensemblerechnungen erläutern, sowie – um mögliche „Schwächen der Modelle“ zu verstehen – an einzelnen Beispielen aufzeigen, mit welchen mathematischen Ansätzen die Prozesse und Kompartimente des Klimasystems beschrieben werden.
Dr.
Karsten Lettmann
Ulrike Feudel
Kipppunkte in Ökosystemen und Klima
Unser gesamtes Klimasystem verändert sich ständig, die Auswirkungen wie z. B. zunehmende Starkniederschläge, Hitzewellen und der Verlust von Arten in ökologischen Systemen werden in vielen Teilen der Welt immer spürbarer. Um die Klimakrise besser zu verstehen und deren Auswirkungen vorherzusagen, braucht man ein tiefgreifendes Verständnis des Erdsystems und entsprechende Vorhersagemodelle. Von besonderem Interesse sind dabei relativ plötzliche Änderungen der Dynamik in Teilen des Klimasystems oder in Ökosystemen, wenn entweder einer der intrinsischen Parameter des Systems z.B. die Wachstumsraten von Arten oder der äußere Antrieb selbst so verändert werden, dass kritische Schwellwerte überschritten werden. Solche Änderungen werden in der Klimadynamik als Kippunkte, in der Ökologie als Regimeshifts und in der Mathematik als Instabilitäten bezeichnet. Betrachtet man als Beispiel aus der Umweltphysik den atlantischen Teil der thermohalinen Ozeanzirkulation – einer großräumigen, durch Dichteunterschiede angetriebenen Zirkulation – dann kann diese z.B. im heutigen Zustand sein, in dem permanent Wärme aus dem Süden in die nördliche Hemisphäre transportiert wird und dort an die Atmosphäre abgegeben wird oder aber in einem Zustand, wo diese Zirkulation stark geschwächt ist oder gar ganz zum Erliegen kommt, wie es aus paläoklimatischen Untersuchungen bekannt ist. Ein solcher Kipp-Übergang vom jetzigen in den Zustand ohne Zirkulation, der langfristig mit einer Abkühlung des Klimas in West- und Nordeuropa verbunden wäre, könnte auftreten, wenn der Antrieb durch den globalen Klimawandel z.B. die Atmosphärentemperatur oder die Niederschlagsmuster verändert würden. Ähnlich drastische Kippphänomene beobachtet man in Ökosystemen, wo Klima- oder Landnutzungsänderungen zu einem Verlust von Arten oder gar zum Zusammenbruch ganzer Ökosysteme führen können. Gegenstand dieses Vortrages ist die Untersuchung solcher Kippvorgänge. Dabei geht es darum herauszufinden, unter welchen Bedingungen ein solcher Übergang stattfinden würde, und welche Mechanismen für diese Kippphänomene verantwortlich sind. Diese Mechanismen werden anhand von Beispielen aus der Klimadynamik und aus der Ökosystemdynamik demonstriert.
Prof. Dr.
Ulrike Feudel